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Lichtenfels, 26.09.2023. Sie muten futuristisch an und könnten einem Science-Fiction-Film entsprungen sein: Die Rede ist von sogenannten Exoskeletten.  In der medizinischen Rehabilitation werden sie bereits regelmäßig eingesetzt, um Rückenmarksverletzten das Gehen zu erleichtern. Doch auch im gewerblichen Umfeld gewinnen die mechanischen Stützstrukturen an Bedeutung, insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels. Welche Vorteile der Einsatz von Exoskeletten für Handwerksbetriebe und Unternehmen darstellt, wurde kürzlich im Rahmen eines Experten-Talks des FADZ Wirtschaftsverbands im Machbar erörtert.

Mit Prävention dem Fachkräftemangel trotzen

Ob Logistik, Baubranche, Automobilzulieferer oder auch Gastronomie: In nahezu jeder Branche gibt esBerufe, die mit körperlichen Belastungen wie schwerem Heben, langem Stehen oder Arbeit über Kopf einhergehen. Gleichzeitig zeigt der Branchenbericht Handwerk des Instituts für Berufliche Gesundheitsförderung, dass ein hoher Anteil an Arbeitsausfällen auf Muskel-Skelett-Erkrankungen zurückzuführen ist. Wie Robert Falkenstein vom Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk in seinem Vortrag verdeutlichte, komme deshalb der Prävention eine Schlüsselrolle zu. „Genau hier setzen Exoskelette an, da sie bestimmte Bewegungsabläufe unterstützen und somit stark beanspruchte Körperregionen wie den unteren Rücken oder Nacken entlasten“, erklärte der Experte.

Vom aktiv angetriebenen Power-Suite über den ergonomischen Überall-Stuhl bis hin zur Nacken- oder auch Daumenstütze gebe es bereits heute verschiedenste Modelle von Exoskeletten für unterschiedliche Aufgabenprofile. „Als persönliche Schutzausrichtung wird die Vorrichtung stets individuell auf den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin angepasst, um letztlich auch die richtige Wirkung zu erzielen“, so Falkenstein. Erste Firmen und Betriebe hätten die Vorzüge bereits erkannt und würden das Hilfsmittel einsetzen, doch jetzt gelte es, das Thema in die Breite zu tragen.

Regionaler Vorreiter im Baugewerbe

Zu den regionalen Vorreitern auf diesem Gebiet zählt Wolfang-Schubert Raab, der im Rahmen des Experten-Talks auf die praktische Anwendung von Exoskeletten einging. Der Geschäftsführer der Raab Baugesellschaft aus Ebensfeld weiß, wie wichtig es gerade im Baugewerbe ist, körperliche Schäden bei den Arbeitskräften durch präventive Maßnahmen zu vermeiden. „Es hat sich hier zwar schon viel getan, aber Exoskelette sind aus meiner Sicht ein optimaler Lösungsansatz, um weitere Entlastung – unter anderem beim Heben von schweren Steinen – zu bieten, damit gesundheitliche Schwierigkeiten erst gar nicht entstehen“, betonte Schubert-Raab. Die größte Schwelle sei es nun, die Mitarbeiter zu überzeugen: „Wir setzen das von uns ausgewählte Modell aktuell vor allem bei jüngeren Arbeitskräften ein, die das Exoskelett im besten Fall aus Überzeugung tragen und damit als Vorbild für andere fungieren.“

Bei der anschließenden Diskussionsrunde zeigte sich, dass die Thematik bei den regionalen Unternehmen durchaus auf Resonanz stößt. Andreas Poth, Geschäftsführer des Kurhotels in Bad Staffelstein, führte an, dass er in der Gastronomie und Hotellerie Ansatzpunkte sehe, beispielsweise beim Verstauen von Getränkekästen. Dominik Nowotny, Geschäftsführer der RödentalerWerbeagentur Markatus wiederum berichtete, dass seine Kameraleute bereits seit 15 Jahren mit Exoskeletten arbeiten und sich die körperliche Entlastung positiv auf die Kreativität der Fachkräfte auswirke. 

Auch neue Schnittstellen und Kooperationsmöglichkeiten könnten in diesem Bereich entstehen, wie Karlheinz Wirth, Geschäftsführer des Sanitätshauses Wirth, feststellte: „Wir sind in der Lage, die in hiesigen Betrieben eingesetzten Exoskelette nicht nur zu reparieren, sondern auch in Zusammenarbeit mit den Firmen zu optimieren und anzupassen, um beispielsweise Reibestellen zu vermeiden.“ Erste konkrete Berührungspunkte mit den mechanischen Stützen gab es jedenfalls zum Abschuss der Veranstaltung, als jeder Teilnehmer die Möglichkeit erhielt, ein Modell anzuprobieren und sich von der ergonomischen Wirkung überzeugen zu lassen.

Wolfgang Raab (links), Geschäftsführer der Raab Baugesellschaft zeigte sich überzeugt, dass
Exoskelette einen positiven Beitrag zum Arbeits- und Gesundheitsschutz leisten, und hofft auf breite
Akzeptanz bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. (Foto: Stefanie Brehm)
(rechts) Im Filmgewerbe sind Exoskelette als Hilfsmittel bereits fest etabliert.

Robert Falkenstein, Projektleiter beim Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk veranschaulichte
im Rahmen des FADZ Experten-Talks, wie sich körperliche Arbeit im Handwerk und in der Industrie
durch den Einsatz von Exoskeletten erleichtern lässt.

Die Teilnehmer konnten im Anschluss an die Vorträge selbst testen, wie stark Exoskelette die
Arbeitsbelastung und Muskelermüdung beim Anheben von schweren Gegenständen reduzieren.